Seemannschaftmit Weltumsegler Wilfried Erdmann
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Seemannschaft mit Wilfried Erdmann

Verschiedene Tipps und Erfahrungen auf Basis von Frage und Antwort. Neben den detaillerten Ausführungen können hier die kurzen Tipps nachgelesen werden.


Welche Segel zum Fahrtensegeln?

Segel dienen dem Antrieb, sie sind der Motor eines Segelschiffes. Tuchqualität und Schnitt sind deshalb die Wahrheit beim Segeln. Der anspruchsvolle Segelmacher wird das respektieren und – ganz wichtig – des Segels Einsatzbereich berücksichtigen. Er sollte also einen normalen Tourensegler nie mit exotischen Tuchen, beispielsweise Mylar, Kevlar undsoweiter, konfrontieren, denn sie verursachen nur höhere Kosten und bringen absolut keinen Vorteil für den Segler, der seine Segel lange fahren will.

Noch während sich meine erste Segelbegeisterung zeigte, Anfang der 60er, bestanden die Segel aus Baumwolle. Bald darauf wurden sie aus widerstandsfähigen synthetischen Fasern gefertigt. Inzwischen hat sich in der Entwicklung moderner Fasern und Segelschnitte derart viel getan, daß sie die Entscheidung des Freizeitseglers mehr verwirrt als fördert. (Meine Beobachtungen während der Bootsmessen).

Zunächst und zuallererst: Auch 1998 ist gewebtes Polyestertuch, vielen Seglern unter den Markennamen "Polyant" und "Dacron" bekannt, noch das beste Material für den Fahrtensegler. Es ist langlebig, robust, dehnungsarm. Und ist es eng gewebt, wenig geharzt und wird gut behandelt, so im Herbst vom Salz befreit, ist es zehn Jahre zu gebrauchen, ohne daß es wie ein bauchiger Sack am Mast steht. Das gilt für Großsegel ebenso wie für Fock, Genua und andere Leichtwettersegel und überhaupt für sämtliche Rollvorsegel.

Wenn man sich für Rollsegel entscheidet sollten die in jedem Falle speziell für das Einrollen geschnitten sein. Das bedeutet, das Segel ist insgesamt flacher geschnitten.

Am sinnvollsten ist es, diese Segeltuche (Polyester) im Horizontalschnitt zu verarbeiten, weil sie über die Breite der Bahn am belastbarsten und daher reckärmsten sind. Das ist aber auch den Tuchherstellern bekannt und dementsprechend sind die Tuche gewebt. Kurzum: Polyestertuche im Horizontalschnitt bleiben des Fahrtenseglers 1. Wahl. Sie erfüllen alle Bedingungen, sind zuverlässig, einfach zu handhaben und haben eine lange Lebensdauer.

Seit einem Jahr wird als Ergänzung zu Polyester ein neues Material – "Hydra net" – auf dem Markt angeboten. Dieses Tuch ist eine balancierte Konstruktion. Es hat praktisch zusätzlich netzartig einen eingewebten hochfesten Faden, der dem Tuch mehr Formbeständigkeit geben soll. Aber dieser Faden, "Dyneema/Spektra", sowie spezielle Webmaschinen und die Verarbeitung in der Segelmacherei machen das Segel rund ein Drittel teurer. Den Formvorteil können außerdem nicht alle Segler nutzen. Das Material eignet sich nämlich nur für Segel mit langen Unterlieken im Verhältnis zum Vorliek. Schlank geschnittene Segel scheiden von vornherein aus. "Hydra net" Segeltuche scheinen wirklich eine brauchbare Ergänzung zu sein. Sie sind für sämtliche Rollsegel, miteinbezogen Rollgroßsegel, generell eine Verbesserung in puncto Formbeständigkeit. Auch nützlich wenn hohe Lasten auftreten, z.B. wenn ein Schiff heftig in der Dünung rollt, und die Segel dabei Punktbelastung ausgesetzt sind. Das Tuch soll auch besser im Handling, also griffiger sein. Wer gern mit Segeltuchen hantiert ist folglich mit diesem gut bedient.

Auch Hydra Tuch, erhältlich in fünf Gewichten, von 200 bis 400 Gramm, eignet sich am besten im Horizontalschnitt.
Für Radialschnitte werden Folientuche, Sandwich-Laminate genannt, angeboten. Ein Tuch, das aus mindestens drei Lagen besteht: außen jeweils eine Folie als Deckmaterial, in der Mitte ein Gelege für die Hauptlastaufnahme. Grundsätzlich: Sandwich-Laminate für den Tourensegler brauchen immer ein radiales Bahnlayout. Diese Tuche überzeugen auch durch hohe Formstabilität. Sie dürfen aber nicht allzulange und häufig im Wind flattern oder schlagen, dabei leiden sie enorm.

Abzuraten ist von Radialschnitten für Rollsegel, auch wenn in bestimmten Abschnitten am Unter- und Achterliek Verstärkungen angebracht sind.

Also: Um der Ermüdung des Tuches entgegenzuwirken habe ich häufig schwerere Tuchstärken gewählt. Sie sind bei ständiger hoher Belastung dehnungsärmer und reißfester. Ich konnte sie bei zunehmendem Wind länger stehen lassen. Ferner ist der Verschleiß geringer. Der Nachteil des schweren Gewebes: Bei leichten Winden arbeiten die Segel nicht optimal, schlagen häufiger und lassen sich salzverkrustet nur wie Eisschollen in den Sack stopfen.

Meine Erfahrung: Segelmacher sind leicht von "kugelsicherem Material" also starken Tuchen zu überzeugen, wenn sie von Seglern hören, daß der Kurs über den Ozean führen soll. 300-g/m2-Tuche sind für ein Fünf-Tonnen-Boot völlig ausreichend. Auch für das Hauptsegel, das Groß, sofern alle Lastpunkte mit großzügig bemessenen Verstärkungen versehen sind. Grundsätzlich: Bestehen Sie vor allem auf Sorgfalt und Anzahl der Nähte, Größe der Bolten. Wo große Kräfte zerren, muß durch mehrere Tuchlagen (5-7 Lagen) das Gatchen verstärkt werden. Immer sollten Genuasegel im Bereich von Saling und Bugkorb verstärkt sein.

Trotz aller Tuchdopplungen und anderer Verstärkungen muß man aufpassen, daß Segel nirgendwo unnötig reiben und scheuern. Unvermeidlich ist das Schamfilen an den Wanten. Ich klebe selbstklebendes Segeltuch auf die Nähte. Wantenspanner, Splinte, scharfkantige Mastbeschläge werden mit Gewebeband umwickelt.

Um eine lange, optimale Nutzung zu gewährleisten, ist UV-Schutz wichtig. Folglich: Segel nach Gebrauch abdecken, Schläuche überziehen oder einfach die Segel abschlagen. Damit eingerollte Vorsegel nicht so sehr unter der zerstörerischen Wirkung leiden, sollten sie am Achterliek mit einem UV stabilen Tuch verarbeitet sein.

Ungemein wichtig erscheint mir, Fock und Klüver hochgeschnitten, die Genua nicht als Deckfeger, zu fahren. So kann ich in engen Gewässern Seezeichen, Fähren und Dampfer und natürlich andere Sportboote rechtzeitig ausmachen. Mehrfach bewahrten mich hochgeschnittene Segel vor einer Kollision. Einmal vor Macquarie Isl. südlich von Neuseeland, retteten mir solche Vorsegel das Leben. Ohne den freien Blick voraus hätte ich im Zwielicht des Morgens ein isoliertes Felseninselchen nur wenige hundert Meter vor dem Bug sicherlich nicht rechtzeitig gesehen.






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