Seemannschaftmit Weltumsegler Wilfried Erdmann
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Seemannschaft mit Wilfried Erdmann

Verschiedene Tipps und Erfahrungen auf Basis von Frage und Antwort. Neben den detaillerten Ausführungen können hier die kurzen Tipps nachgelesen werden.


Geht Ostseesegeln mit Familie?

Die Beantwortung ist diffizil. Sich am besten nicht kümmern, was Kinderpsychologen sagen und – mit Einschränkung – was ich jetzt notiere. Denn, wenn es auch merkwürdig klingen mag: Ihre Erfahrung mit Ihren Kindern unterwegs, wird Ihre Erfahrung sein. Segeln mit Kindern ist nämlich eine zu komplexe Angelegenheit, um hier von mir ad hoc abgehandelt zu werden. Kinder sind wie alle Menschen, und daher ebenso unterschiedlich in ihren Wünschen und Bedürfnissen.

Ich habe lange und kurze Törns mit Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters gemacht und dabei immer wieder festgestellt, daß Zeit, Aufgaben und Vertrauen die Eckpunkte des Bordlebens sind. Betrachtet man sie als kleine Passagiere, die als S&S&S (Schläfer, Schwimmer, Schleckerer) mitsegeln, tut man den Kindern und sich überhaupt keinen Gefallen.

Bei uns an Bord gibt es die ungeschriebene Regel: Niemand bekommt einen kostenlosen Törn. Auch oder gerade Kinder nicht. Sie haben ihren Teil zum Fortkommen beizutragen. Zweifellos gehen sie Wache. Und sie tun es gerne, hebt es doch ihr Selbstwertgefühl. Das Schiff steuern ist schon eine anspruchsvollere Aufgabe, und dies nicht nur auf der freien See, sondern auch im Hafen. Unser Sohn hat als 12-jähriger alle Hafenmanöver auf einem langen Sommertörn gefahren. Er war im Gegenzug aber auch voll für Wartung und Service der Maschine zuständig. Ein Tagebuch führen ist immer unterhaltsam, Kinder, die gerade schreiben lernen, bringen mit Malstiften wunderbare Werke darin zustande. Gemeinsam den Ordnungssinn fördern. Nun, mit Ordnung meine ich Taue aufschlagen, Segel einlegen, die sogenannten Kleinigkeiten verstauen. Ein großes Vergnügen für die Kleinen ist Knoten üben – und anwenden. Denn das ganze Dilemma ist, wenn Kinder das Gelernte nicht in die Praxis umsetzen dürfen/können. Also stracks beim Anlegen Fender anknoten und Leinen belegen lassen, auch wenn's nicht immer klappt. Einbezogen werden die Kinder auch in: Was gibt es zu essen und wer macht den Abwasch?

Damit Ihrer kleinen Crew das Segeln nicht für immer vermiest wird, sollte man anfangs möglichst kurze Seetage bei reellem Wetter einplanen. Keinesfalls ein Start wie: Das Boot liegt schief, Gischt klatscht übers Deck, die Kinder kommen in sperrige Schwimmwesten oder schlimmer ab unter Deck, die Blicke der Eltern signalisieren Gefahr. Das wäre wohl das Schlimmste, was man unbefahrenen Kindern antun kann. Besser zu Beginn des Sommertörns einen Liegeplatz planen, am besten einen Ankerplatz, idyllische Buchten gibt`s ja zuhauf in der Ostsee, der möglich macht, daß alle sich an Bord einrichten, insbesondere Kindern das Schiff vertraut machen, ihnen eine eigene Koje und Raum für ihre Mitbringsel geben. Auch für Kinder ist die dauernde Anwesenheit beider Elternteile eine ungewohnte Situation.

Die Ostsee bietet Familiencrews außerdem alles, was einen Törn spannend macht: Überall gibt es Hügel und Berge, die relativ einfach zu besteigen sind; ganz abwechslungsreich ist Wandern in ostdeutschen Dünen, wo die Kinder auf überraschende und begeisternde Abenteuer stoßen; vollends unterhaltsam Beerenpflücken in den Wäldern Schwedens; einsame Strände schreien nach einem Grillfeuer für den selbstgefangenen Fisch; die zahlreichen Schärenbuchten eignen sich hervorragend zum Rudern und Schwimmen; in Dörfern und kleinen Städten schauen was andere Kinder essen, trinken, lesen. Ihre Kinder werden erstaunt sein, daß es auch in Schweden Astrid Lindgren zu kaufen gibt.

Ein Kind an Bord profitiert bei einer primitiven Ausrüstung. Darf ich das schreiben? Tatsache aber ist: Eine elektrische Ankerwinde raubt einem Kind den direkten Kontakt mit der Realität, Rollsegel die Berührung mit dem schönsten und wichtigsten an Bord, dem Segeltuch. Der Außenborder fürs Beiboot verhindert perfektes Rudern lernen. Ein Autopilot fördert – ganz klar – Langeweile. Und das unumgängliche GPS, sorgt für Interesselosigkeit in der Navigation – keine Peilung, kein Koppeln undsoweiter. Gänzlich fehl am Platz ist ein Kartenplotter, vernachlässigt er doch total logisches Denken und vor allem die lehrreiche und plastische Beschäftigung in der Seekarte mit – Striche ziehen, Zeiten notieren, radieren, Kurse berechnen. Bei technisierten Yachten muß man eventuell bei Kindertörns mal auf die Mitwirkung einiger Geräte verzichten.

Betrifft Regentage: Für Eltern und Kinder ist da zu empfehlen, eine Menge Spielideen und Materialien in petto zu haben. Spiele machen Laune und sorgen gleichzeitig für Entspannung. Wenn Kinder zum Beispiel am Strand Ballspielen, haben sie in kürzester Zeit Bekanntschaft mit anderen Kindern geschlossen. Dies könnte man mitnehmen – in Absprache mit den Kindern natürlich: Material fürs Zeichnen und Schreibspiele, Kartenspiele, Brettspiele, verschiedene Bälle, Springseil. Es gibt so viel. Heute wundert man sich nicht mehr, wenn kurz nach dem Anlegemanöver die ganze Familie auf Inline-Skates davonrast.

Die schönsten und einfachsten sind immer noch Spiele mit Naturmaterialien: Sand, Wasser, Stein, Holz ...

Ich sehe keine wesentlichen Probleme, mit zwei Kindern die Ostsee zu umrunden. Kinder leben für den Moment und werden sicher Freunde und Schule nicht vermissen. Nach meinen Erfahrungen sind Segelboot und Familie füreinander geschaffen, sofern man möglichst um viele Marinas einen Bogen macht.






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