Seemannschaftmit Weltumsegler Wilfried Erdmann
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Seemannschaft mit Wilfried Erdmann

Verschiedene Tipps und Erfahrungen auf Basis von Frage und Antwort. Neben den detaillerten Ausführungen können hier die kurzen Tipps nachgelesen werden.


Was ist so schlimm an schäumenden Brechern?

Daß es in jedem Meer Wellen gibt, die eindeutig höher sind als die Durchschnittswellen ist allgemein bekannt. Durch langwierige Beobachtungen ist auch festgestellt worden, daß einander folgende Wellen aus Wellenzügen unterschiedlicher Geschwindigkeit und Periode bestehen, die sich entweder miteinander verbinden oder quer oder gar gegeneinander laufen. Die normalen Wellen werden von größeren eingeholt und überlagern sich mit diesen zu Brechern. In einem schweren Sturm erhebt sich manchmal eine Welle zu anormaler Höhe und Stärke, weit höher als die vorangegangenen, man sieht sie schon von weitem heranrollen, und nachts hört man sie furchterregend mit Getöse heranrauschen. Bricht sich so eine Monstersee im Kielwasser ist das Meer rundum weiß vom Schaum. Der Anblick ist beängstigend. Solche heranrollenden Brecher gibt's nicht nur in den hohen, südlichen Breiten, wo der beständige Westwind eine gigantische See übereinander schiebt, sondern auch im Nordatlantik, im Mittelmeer und überhaupt an Kaps, wo Sturm und Strömung gegeneinander prallen. Ganz übel habe ich das ebenfalls vom Cap Corse im Mittelmeer in Erinnerung.

Meistens treten hohe Wellenberge nicht als Einzelgänger auf sondern im Dreierrhythmus, wobei die mittlere Welle immer die höchste und somit tückischste ist. Schon manchem Seemann ist so ein Dreierpack zum Verhängnis geworden. Das Boot wurde vom Wellenkamm quergelegt und herumgerollt. Bleibt es kopfüber liegen, richtet der nachfolgende Brecher es wieder auf. Theoretisch.

Gipfelt eine Wellenüberlagerung zu einem einzelnen, sogenannten Kaventsmann, was auch vorkommt, kann eine Durchkenterung fatal ausgehen. Es fehlt die folgende hohe See, um das Schiff wieder aufzurichten. Natürlich auch Theorie. Das passierte ja während des letzten Globe Challenge zwei Einhandracern in den antarktischen Breiten. Ich habe während meiner Weltumseglung südlich des 52sten Breitengrades zwei Knockdowns erlebt, bei denen der Mast horizontal auf dem Wasser lag – ohne daß KATHENA NUI ernsthaft Schaden nahm.

Die Wellenhöhe bei Schwerwetter aus dem Cockpit einer segelnden Yacht zu schätzen ist schier unmöglich. Als Verantwortlicher ist der Kopf dafür bei mir nicht frei. Da interessiert mich mehr, unbeschadet aus der Situation herauszukommen als die Wellenhöhe, die sich wirklich nur annähernd feststellen ließe, wenn man auf der Saling stünde – jedenfalls höher über Deck als man es normalerweise ist.

Die Höhe der heranrollenden Welle mag an sich schon furchterregend sein, aber wirklich gefährlich sind die Schaumstreifen der Wellenkämme, wenn sie über zwei Meter erreichen und schroff wie Felskanten abfallen. Und kommen sie noch schnell daher ist es die Sorte, die ich am wenigsten schätze. Glücklicherweise knallt so eine flüssige Mauer nie senkrecht aufs Schiff, denn das wäre das Ende. Keine Yacht würde die plötzliche Wucht aushalten. Man wird einfach weggeschoben, herumgewirbelt oder auf die Seite gelegt. Alles, was sich an Deck verirrt ist Stiefelhohes, schaumiges Wasser.

In solchen Seen kann man nicht mehr beidrehen, also das Boot passiv treiben lassen oder mit backgesetzter Fock am Wind dümpeln. Die einzige Möglichkeit ist dann wirklich nur vor dem Wind ablaufen – mit durchgerefftem Sturmsegel oder vor Topp und Takel und die Wellenzüge 2 bis 3 Strich von achtern nehmen. Hört sich einfach an, wenn die See stundenlang kraftvoll anrollt, denn nicht immer bleibt die Welle berechenbar: Hier entsteht eine Lücke, dort schlucken sich zwei Türme, andere fallen ganz plötzlich zusammen, so daß sich ein Loch bildet. All dies erfordert rasche Reaktionen und die Kunst, Wellen zu "lesen", aus ihnen herauszulesen, was sie im nächsten Moment vorhaben, um ihnen mit entsprechendem Ruderlegen zu begegnen. Dies trifft auch auf einen Am-Wind-Kurs zu. Übrigens: Dies ist – immer – mit einem unterteilten Lateralplan leichter und schneller zu bewerkstelligen.

In solchem Sturm ist ein Segler nicht nur physisch gefordert – stundenlang muß ich mich konzentrieren, stundenlang spekulieren insbesondere bei Dunkelheit. Von wo kommt die Welle, wie steuere ich sie aus, wann kommt die nächste? Wer diese Kombination in einer Sturmphase beherrscht wird immer der bessere Taktiker sein. Die Stunden auf der harten Cockpitbank an der Pinne, naß und von innen kalt, können auch stark machen. Der Gedanke, ich habe eine kluge Taktik gewählt, beflügelt. Oder ist es vorrangig Intuition – das Gespür, in kritischen Situationen das Richtige zu tun – ohne genau begründen zu können, weshalb es richtig war.






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